Der Langenthaler Anwalt Patrick Freudiger ist Demokrat durch und durch und vertritt den Oberaargau seit acht Jahren im Grossen Rat Bern. Der engagierte SVP-Mann hat schon einiges erreicht unter anderem, dass Schloss Aarwangen zu einem Begegnungsort wird. Der Vizepräsident der überparteilichen Vereinigung Pro Libertate setzt sich für tiefere Steuern für Familien und Gewerbe und eine weitere Stärkung der öffentlichen Sicherheit ein.
Sie kandidieren am 27. März 2022 für den Grossen Rat Bern. Was hat Sie bewogen, sich für dieses politische Amt erneut zur Verfügung zu stellen?
Patrick Freudiger: Ich bin nun seit acht Jahren im Grossrat und darf als Vize-Fraktionschef Mitverantwortung für die Fraktionsführung übernehmen. Wir konnten in Zusammenarbeit mit anderen bürgerlichen Parteien und teils auch den Grünliberalen in den vergangenen Jahren wichtige politische Erfolge erzielen – und wenn es mit den Mehrheiten im Rat nicht klappt, bleibt immer noch die Möglichkeit, Volksrechte zu nutzen. So konnte die SVP im Alleingang höhere Motorfahrzeugsteuern verhindern. Gerne würde ich diese Arbeit fortsetzen.
Damit sich unsere Leserinnen und Leser ein Bild machen können, stellen Sie sich kurz vor. Hilft Ihnen Ihr Beruf beim politischen Engagement?
Ich bin 37-jährig, komme aus Langenthal, bin verheiratet und habe zwei Kinder. Beruflich arbeite ich als selbständiger Rechtsanwalt. Fast täglich habe ich in meinem Beruf, aber auch als Präsident der Interessengemeinschaft Ländlicher Raum, mit Gemeinden und Bürgerinnen und Bürgern Kontakt. Dabei erfahre ich viel über die heutigen Probleme im Planungs- und Bauwesen, namentlich im ländlichen Raum. Diese Erfahrungen schärfen auch das politische Bewusstsein für Probleme und mögliche Lösungen.
Wo setzen Sie Prioritäten in der Politik im Fall einer Wiederwahl?
Freiheitliche Rahmenbedingungen und tiefere Steuern für Familien und Gewerbe, eine weitere Stärkung der öffentlichen Sicherheit, klare Regeln insbesondere bei der Einwanderung und Integration, Einsatz für den ländlichen Raum und gegen noch mehr Zentralisierung.
Was sind ihre bisherigen politischen Erfolge als Grossrat?
Ein politischer Erfolg ist meist das Resultat eines Miteinanders und guter Allianzen. Im Verbund mit FDP, der Mitte und der EDU konnten wir in den vergangenen Jahren im Parlament z.B. immer wieder Anliegen zu Gunsten des ländlichen Raumes überweisen. Gerade letzten Winter fanden mehrere Vorstösse eine Mehrheit, an denen ich mitwirkte bzw. die ich einreichte: Zum einen gegen unsinnige Beschränkungen der Gemeinden bei Einzonungen, zum anderen zum Schutz des allseits beliebten Campingplatzes Fanel in Gampelen. Die jüngst erfolgte Widmung des Schlosses Aarwangen an eine ehrenamtlich tätige Institution zwecks Errichtung eines Zentrums für Wirtschaft, Kultur und Geschichte geht zudem nebst anderen Initiativen auf einen Vorstoss von mir zurück, den ich zusammen mit allen Oberaargauer Grossräten einreichen konnte.
Sie sind Vizepräsident der Justizkommission (JuKo). Die Arbeit dieser Kommission nimmt man in der Öffentlichkeit wenig wahr. Was tut sie?
Politische Arbeit ist auch dort wichtig, wo das mediale Interesse nicht so gross ist. Die JuKo hat die Oberaufsicht über die Justiz, wichtig sind auch die Richterwahlen. Ich leite den Ausschuss, der aus fachlicher Sicht eine Vorselektion vornimmt. Bei gleicher Qualifikation wird dann im Rat der Parteienproporz wichtig. Richter sind unabhängig, aber auch Teil der Gesellschaft. Die Gerichte sollen die Vielfalt politischer Meinungen abbilden.
Bern haftet das Klischee der «Steuerhölle» an. Wo sollte man ansetzen, damit sich dies ändert?
Bern ist in der Tat ein Hochsteuerkanton. Das liegt nur zum Teil daran, dass wir angeblich strukturschwache Regionen haben. Im Kanton Bern wird das Geld zu schnell ausgegeben. Dieses Geld fehlt uns dann für die Realisierung von Steuersenkungen. Wichtig ist also Ausgabendisziplin. Gleichzeitig müssen die Steuern für natürliche Personen gesenkt werden. Der Kanton Bern steht im Wettbewerb – senken andere Kantone die Steuern, wandern bei uns die Leute ab. Das müssen wir verhindern.
Was sind die Stärken und Schwächen Ihrer Partei, der SVP?
Stärken: Die SVP ist eine bürgernahe Partei. Wir politisieren nicht abgehoben und getrauen uns, auch unbequeme Themen anzuschneiden.
Schwächen: Offen gesagt bin ich immer wieder erstaunt, wie langfristig in anderen Parteien Personalpolitik betrieben wird. Da besteht bei uns durchaus noch Verbesserungspotential.
Was schätzen Sie besonders am Kanton Bern, auch im Vergleich zu anderen Kantonen?
Der Kanton Bern ist eine Schweiz im Kleinen: Es gibt bedeutende urbane und starke ländliche Räume im gleichen Kanton, zudem sind wir zweisprachig. Diese Vielseitigkeit ist ein Vorteil, wenn wir sie auch nutzen. Heute hat der ländliche Raum aber oft zu wenig Gehör in Bern.
In welchem Wahlkreis kann man Sie wählen? Und was unterscheidet Ihren Wahlkreis von anderen Regionen im Kanton Bern?
Ich kandidiere im Wahlkreis Oberaargau. Dieser ist im Vergleich mit anderen Wahlkreisen etwas kleiner und muss deshalb besonders dafür kämpfen, in Bern gehört zu werden. Wir haben nicht nur schöne Naherholungsgebiete, sondern auch eine starke Wirtschaft. Die Konkurrenz zu Nachbarkantonen spüren wir besonders. Umso wichtiger sind deshalb Oberaargauer Grossräte, die sich mit Herzblut für unsere Region einsetzen.
Welches Gesetz würden Sie ändern, wenn Sie frei Hand dazu hätten, und warum?
Ich bin durch und durch Demokrat. Ich möchte nicht, dass jemand als Einzelperson freie Hand dazu hätte, ein Gesetz zu ändern. Deshalb stört es mich auch, wenn ein paar wenige Richter durch Auslegung einer Verfassungsnorm plötzlich eine Bedeutung zumessen, die sie bei der Abstimmung bzw. Übernahme nicht hatte. Es ist Sache von Parlament und Volk, über Wertungsfragen von grundlegender politischer Bedeutung zu befinden.
Sie sind auch noch Vizepräsident der überparteilichen Vereinigung Pro Libertate. Welche Bedeutung hat der Verein heute?
Pro Libertate wurde 1956 gegründet als Reaktion auf die brutale kommunistische Niederschlagung des ungarischen Volksaufstands. Seither setzt sich der Verein für Freiheit, Demokratie und Menschenwürde ein. Demokratie und Freiheit gibt es nur mit einer starken Armee. Wie wichtig eine starke Armee ist, zeigen gerade die heutigen Tage. Pro Libertate kämpft deshalb auch für die neue Kampfflugzeugbeschaffung.
Interview: Corinne Remund
158 Listen sind für die Grossratswahlen vom 27. März gemeldet
2’213 Männer und Frauen beteiligen sich an den Wahlen in den bernischen Grossen Rat vom 27. März. 158 Listen sind gemeldet, zwölf mehr als vor vier Jahren. Dies hat auch damit zu tun, dass sich Gegner der Corona-Massnahmen nun auch politisch zu formieren versuchen.
Die Taktik der grossen Parteien ist unterschiedlich, manche wie etwa die SP setzen vor allem auf getrennte Listen für Frauen und Männer. Andere sind mit Jungpartien unterwegs, wie etwa die Grünen. Bei den Bürgerlichen werden die Listen eher geografisch ausgerichtet, wie etwa bei der SVP, die mit einer Liste für das obere und einer für das untere Emmental antritt. Im zweisprachigen Biel spielt auch die Sprachenfrage eine Rolle. Das schlägt sich etwa in den welschen Liste des Freisinns und der SP nieder.
Jährlich tritt der Grosse Rat zu vier Sessionen in Bern zusammen, die in der Regel 10 Tage dauern. Die Amtsperiode des Grossen Rates beginnt mit dem 1. Juni des Jahres der Gesamterneuerungswahlen und dauert vier Jahre, endet also am 31. Mai.