Der zunehmende Verkehr und die immer älter werdende Bevölkerung stellen auch die Region Oberaargau in Zukunft vor grosse Herausforderungen. An der Delegiertenversammlung der Region Oberaargau zeigten sich die Gemeindepräsidenten gewillt, diese Aufgaben erfolgreich zu meistern. Sie verabschiedeten das regionale Gesamtverkehrs- und Siedlungskonzept 2. Generation und präsentierten wichtige Schritten im Bereich der regionalen Alterspolitik.
Fast lückenlos waren die Gemeindepräsidenten an der Delegiertenversammlung der Region Oberaargau bei der Hector Egger Holzbau AG in Langenthal vertreten. Auf der Traktandenliste standen Themen mit wegweisendem Charakter für die Zukunft der Gemeinden. Als erstes befassten sich die Gemeindevertreter mit dem regionalen Gesamtverkehrs- und Siedlungskonzept 2. Generation. Zwischen 2010 und 2012 wurde unter Führung des Kantons Bern das erste regionale Gesamtverkehrs- und Siedlungskonzept (RGSK) für die Region Oberaargau erarbeitet. Seit 2012 liegt die Federführung dieser Planung beim Planungsverband Region Oberaargau.
Beim RGSK handelt es sich um ein strategisches Führungsinstrument auf Stufe Region. Ziel des RGSK ist es, eine enge Koordination zwischen der Siedlungs- und Verkehrsplanung zu gewährleisten. Durch eine haushälterische Bodennutzung und eine Siedlungsstrategie, die sich an den Zentrenstrukturen und an der Erschliessung mit dem öffentlichen Verkehr orientiert, kann eine nachhaltige Weiterentwicklung der Siedlung sichergestellt werden. Wege könnten so kurz gehalten und, wo möglich, auf den öffentlichen Verkehr und den Langsamverkehr umgelagert werden, dies unter dem Motto: Verkehr vermeiden, verlagern und verträglich abwickeln, schreibt die Region in ihrer Botschaft zum RGSK.
Region soll nicht «zugebaut» werden
Das RGSK 2. Generation zeigt auf, wie man mit den kommenden Herausforderungen umgehen will. Die Szenarien zeigen unmissverständlich, dass die Bevölkerung in den nächsten 20 Jahren zunehmen wird. Aufgabe der Region und der Gemeinden sei es deshalb, diese Bevölkerungsentwicklung aufzufangen, und an geeigneten Standorten ein entsprechendes Angebot zu schaffen. Wo Leute wohnen, sei es auch sinnvoll, zu arbeiten. Auch die Zahl der Arbeitsplätze werde zunehmen. Neue Arbeitsplätze seien vorzugsweise in der Kernstadt Langenthal sowie in den regionalen Zentren Herzogenbuchsee(-Niederönz), Huttwil und Niederbipp anzusiedeln.
Siedlungswachstum wiederum dürfe nicht heissen, dass die Region «zugebaut» werde. Aufgrund des zu erwartenden und angestrebten Bevölkerungs- und Arbeitsplatzwachstums in der Region Oberaargau müssten die bestehenden Siedlungsflächen besser ausgenützt, die vorhandenen Bauzonenreserven überbaut und gezielte, neue Einzonungen vorgenommen werden. Die siedlungsprägenden Grünräume sollen jedoch erhalten sowie für die Naherholung und die ökologische Vernetzung aufgewertet werden.
Als Handlungsbedarf für den Bereich Verkehr stehe die Verbesserung in der Anbindung des Regionszentrums Langenthal und des südlichen Regionsteils an das Nationalstrassennetz im Vordergrund. Weiter seien Lösungen für die belasteten Ortsdurchfahrten von Aarwangen und Niederbipp zu finden. Der Anteil von öffentlichem Verkehr und Langsamverkehr am Gesamtverkehr sei zu vergrössern und der verbleibende Verkehr für Mensch und Umwelt so schonend wie möglich abzuwickeln. Das RGSK 2. Generationen stiess bei den Gemeindepräsidenten oppositionslos auf Zustimmung, einzig Fredy Lindegger, Vorstandsmitglied der Regionalgruppe Oberaargau des Verkehrs-Club der Schweiz (VCS), übte Kritik und sagte, dass seiner Meinung nach beim RGSK 2. Generation in erster Linie viel Papier produziert worden sei, auf dem jedoch keine konkreten Massnahmen definiert wurden.
Demenzdorf nimmt Gestalt an
Den zweiten Schwerpunkt der Versammlung bildete der Bereich Alterspolitik. Grossrätin Käthi Wälchli (Obersteckholz), Präsidentin der Kommission Altersplanung Oberaargau, gewährte einen Blick in die aktuellen Arbeiten in diesem Bereich. Sie sprach davon, dass sich die Betreuungsformen für ältere Leute laufend verändern würden. Zugleich hätten die Leute im Alter heute ganz andere Ansprüche an die eigene Lebensform als noch vor 20 Jahren. Es gebe deshalb bereits heute viele Angebote und man befinde sich auf einer Gratwanderung zwischen Unter- und Überversorgung im Bereich der Betreuung von alten Leuten. Dabei gelte es auch die Kosten im Auge zu behalten und nicht zuletzt auch genügend Pflegepersonal zu rekrutieren. «Bei all diesen Fragen ist es unerlässlich, dass die Gemeinden in der Region intensiv zusammenarbeiten», betonte die Grossrätin.
Beat Müller (Verwaltungsratspräsident der Genossenschaft Oberaargauisches Pflegeheim Wiedlisbach OPW) und Martin Sommer (Projektleiter dahlia oberaargau ag) orientierten anschliessend über den Stand des Projektes «Demenzdorf Wiedlisbach». Die dahlia oberaargau ag verfolgt die Vision einer sinnvollen, regionalen Versorgung zum Wohle von betagten, betreuungs- und pflegebedürftigen Menschen im Oberaargau. Sie ist an vier Standorten im Oberaargau tätig (Wiedlisbach, Niederbipp, Herzogenbuchsee und Huttwil). An der dahlia oberaargau ag sind drei Institutionen beteiligt: Das Oberaargauische Pflegeheim Wiedlisbach (10 Prozent, als Eigentümerin der Liegenschaften und Grundstücke), die Spital Region Oberaargau SRO (45 Prozent) und der Verein dahlia (45 Prozent).
Gemeinsam planen die Betreiber am Standort Wiedlisbach eine Arealentwicklung, mit dem Ziel, ein «Dorf für Menschen mit Demenz», nach dem Vorbild von Hogewey in Holland, zu errichten. Hier sollen die Bewohner einen möglichst normalen Alltag in einer dörflichen Umgebung erleben können. Die Bewohner leben in kleinen Gruppen in barrierefreien Wohngruppen zusammen, in einem Umfeld, das weitgehend auf ihre früheren Lebenssituation abgestimmt ist. Die Bewohner erledigen dabei die einfachen Dinge nach Möglichkeit weiterhin selber – wie in einem gewöhnlichen Haushalt. Das Projekt befindet sich noch in der Planungsphase, doch sowohl Müller wie auch Sommer verbreiteten Optimismus, dass die kommenden Schritte wie Arealentwicklung, Grundlagenarbeit Landwirtschaft, Entscheide der zuständigen Organe (Eigentümer und Betreiber) sowie die Ausarbeitung des definitiven Bauprojekts, mit anschliessender Baubewilligung, zügig realisiert werden können.
Walter Ryser